Von Oktober 1972 bis zum März 1978 lebten wir in Teheran. Nach erfolgtem Umzug und Anschaffung eines Autos ging es auch hier auf Entdeckungsreisen. Elburs-Gebirge, Demavand und Kaspisches Meer gehörten zu den Nahzielen. Aber auch Kashan, Karadj und Quom sowie die grosse Salzwüste wurden an diversen Wochenenden erkundet. Ein mehrmonatiger Aufenthalt in Persepolis war der absolute Höhepunkt unserer Iran-Zeit. So hatten wir genügend Zeit, die umliegenden Sehenswürdigkeiten mehrmals zu besuchen: Naqshi-i Rustam, Pasargadae, Persepolis und Naqsh-i Rja

 

Moschee in ReyGrabmal des Kyros in PasargadePersepolis

Altes Testament

Für uns faszinierend war auch die Tatsache, dass das Alte Testament so viele Verbindungen zum Iran hat. Hier eine kleine Auswahl:

Elam, Mose 10, 21 Geburt Elams Mose 14, Elam war das Gebiet nordöstlich der Mündung von Euphrat und Tigris in den persischen Golf. Die Hauptstadt war Susa, das heutige Shush, an der iranisch-irakischen Grenze. In Susa befindet sich das Grab des Propheten Daniel, heute ein muslimisches Heiligtum, denn auch im Islam wird Daniel verehrt. Daniel hatte am Königshof ein grosses Ansehen, er war einer der drei Oberbeamten (Buch Daniel 6,3). Neider verleumdeten ihn beim König, worauf er in die Löwengrube geworfen wurde (Buch Daniel 6,17). Ester und Mordechai lebten ebenfalls in Susa (siehe gesamtes Buch Esther) Hamadan In der alten Stadt Ekbatana, dem heutigen Hamadan, befinden sich der Sage nach die Gräber von Ester und Mordechai. Ein Edikt, das im Buch Esra (Esr 1,2-3) überliefert ist, fasst seine Weitsicht zusammen: "So spricht Kyros, der König von Persien: Der Herr, der Gott des Himmels, hat mir alle Königreiche der Erde gegeben, und hat mir befohlen, ihm ein Haus zu Jerusalem in Juda zu bauen. Wer nun unter euch von seinem Volk ist, mit dem sei sein Gott, und der ziehe hinauf nach Jerusalem in Juda und baue das Haus des Herrn, des Gottes Israels ..., der zu Jerusalem ist." Damit zeigte dieser persische Herrscher auch dem Gott der Israeliten grossen Respekt, wie den Göttern Babylons. Da aber kein Bildnis dieses Gottes vorhanden war, gab Kyros die von Nebukadnezar geraubten Kultgeräte des Tempels zurück. Er half sogar, den Tempel von Jerusalem wieder aufzubauen. Jetzt ist auch zu verstehen, weshalb dieser König als der "Gesalbte Gottes" in der Heiligen Schrift bezeichnet wird.

Im Buch Judith 1,1 wird die Errichtung von Ekbatana beschrieben. Ebenso wird Ekbatana im Buch Tobias 3,7 erwähnt. (Die Bücher Judith und Tobias gehören zu den Apokryphen)

 

In Sindbads eigenem Land  

Reich des Silbernen - so hiess es bei Karl May und er widmete ihm gleich mehrere Bände, Das Land der Rosen und der Nachtigallen - so kennt man es durch des grossen Hafez' Dichtungen. Tausend Namen hat das Land, das. vor 2500 Jahren eines der grössten Imperien bildete, das die Welt jemals kannte und das heute eine bedeutende Vermittlerstelle zwischen Ost und West einnimmt. Der enorme wirtschaftliche Aufbruch zieht schon mehr Geschäftsleute in die Hotels der aus ihren Nähten platzenden Kapitale Teheran als Touristen. Noch ehe der Tourismus richtig Fuß fassen konnte, bringen Jumbo-Jets aus aller Welt täglich Ladungen von Wirtschaftlern, die auf ihre Weise am Fortschritt des Landes partizipieren möchten. Die glitzernden Türme der Abadaner Raffinerie, die gewaltigen Stahlgerüste der Bohrinseln im Persischen Golf, die Fliessbänder in den auf vollen Touren produzierenden Autowerken des Landes - sie haben schon fast das Bild von Rosen und Nachtigallen verdrängt. Und doch - auch das Iran der guten alten Zeit mit seinem Duft von Rosenöl und dem nächtlichen Schlagen der Nachtigallen unter samtblauem, sternenübersätem Himmel lebt noch weiter. Nicht in Teheran, wo das Summen von fast 4 Millionen Menschen das Singen der gefiederten Freunde allemal übertönt. Man muss den Bannkreis. der allmächtigen Metropole verlassen, einige Stunden per Stahlross nach Ost, Süd oder West fahren, um noch die Heiterkeit von einst zu finden. Man muss an den Rändern der grossen Wüste Lut oder an den Ausläufern des Alborz- und Kaukasus-Gebirges entlangfahren, um den Märchen aus Tausendundeiner Nacht und alten Legenden zu lauschen. Iran, das Land mit so reicher und wechselvoller Geschichte, ist eine wahre Fundgrube für solche, die sich gern auf die Suche nach verlorenen Zeiten begeben. Und dabei ist jenen Zeiten keine Grenze gesetzt. Liebhaber der Achämeniden kommen ebenso auf ihre Kosten wie die Freunde islamischer Kunst und Architektur. Die im Vielvölkerreich Kyros des Grossen begründete religioese und ethnische Toleranz hat alle Zeitläufe ueberdauert. Das frühe Christentum hat auch im Iran seine heute noch sichtbaren Spuren hinterlassen - genauso wie die ersten Einfälle der Araber.Harun al Raschid, der nachts verkleidet mit seinem Wesir durch die Strassen von Bagdad promenierte und dabei manch legendäres Abenteuer bestand, fand seine letzte Ruhestätte in Maschad, wo ihm allerdings keine allzu grosse Verehrung entgegengebracht wird. Das Grabmal jedoch kann besichtigt werden. Prominentere Persönlichkeiten als er werden ebenfalls in iranischer Erde vermutet, obwohl die Geschichtsforscher da ihre sicher berechtigten Zweifel haben: die drei Weisen aus dem Morgenland. Marco Polo wähnt ihre Gräber in seinem Reisetagebuch in Saweh, einer kleinen Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft Teherans, wundert sich jedoch gleichzeitig, dass die daraufhin angesprochenen Einwohner keine Ahnung von ihren grossen Toten zu haben scheinen. Aber vielleicht sind sie gar nicht wieder in ihre Heimat zurueckgekehrt und liegen in fremder Erde begraben. Wenn sie schon, wie die Einen wissen wollen, ihre Heimat Kaschan verlassen haben, um dem Stern von Bethlehem zu folgen, dann hätten sie sich gewiss; auch nach einer etwaigen Rückkehr dort beisetzen lassen. Während die Einwohner von Saweh sich so offenbar gar nicht bewusst sind, welcher bedeutsamen Vermutung sie seit Jahrhunderten ausgesetzt sind, reklamieren die christlichen Assyrer von Rezayeh mit um so stärkerer Vehemenz die Gebeine der Drei für sich. In einer Kirchenmauer nahe dem See von Rezayeh - so berichtet man geheimnisvoll in hohen assyrischen Kirchenkreisen - lägen noch zwei Weise. Die Gebeine des dritten seien kurz nach dem 2. Weltkrieg verschwunden. Amerikanischen Wissenschaftlern, die der Sache nachgehen wollten, wurde die Grabungsgenehmigung verweigert. Mit Recht. Die Wissenschaft wird nicht reicher, wenn sie weiss, dass die drei lieben Weisen gar nicht in Rezayeh liegen, aber der Volksglaube würde um so viel ärmer. Bescheidenere Ansprüche an die Einbildungskraft stellen die armenischen Christen, mit fast 300.000 Seelen die grösste christliche Minderheit im Land. Die von ihnen verehrten Kirchen St. Thaddäus bei Maku und St. Stephanos bei Djulfa an der russischen Grenze sollen auf zwei Apostel zurückgehen, auf Thaddäus und Bartholomäus. Die Bauwerke in ihrer heutigen Gestalt sind zwar erwiesenermassen wesentlich jüngeren Datums, aber die Tatsache, dass bereits lange vor der Gründung der beiden Kirchen in ihrer heutigen Form an der gleichen Stelle Klöster gestanden haben, lässt zumindest die Vermutung, zwei Apostel hätten hier ihre letzte Heimstätte gefunden, nicht von der Hand weisen. Die alljährlichen Pilgerfahrten beweisen die Anziehungskraft der Legende und wer selbst einmal dort war, wird sich nur zu gern dem alten Volksglauben anschliessen. Ein weiter Sprung ist es sowohl geschichtlich als auch geographisch hinunter an den Persischen Golf. Allerdings - die Straßen in südlicher Richtung sind alle so gut und durchgehend asphaltiert, dass man einen solchen Sprung mühelos riskieren kann. An den immer blauen Wassern angekommen, muss man jedoch die grosse Straße verlassen, denn Sindbads Heimat hält sich vor den Augen der neugierigen Touristen versteckt. Zwischen Bandar Abbas und Buscher befand sich über mehr als ein Jahrtausend hinweg einer der bedeutendsten Häfen des Persischen Golfes. Siraf, dessen Ruinen und Grabfelder in ihrer Ausdehnung noch einen Eindruck von einstiger Größe vermitteln, erlebte seine Blütezeit unter den Sassaniden. Kaufffahrtei-Schiffe von der indischen Küste kamen hierher, um ihre Waren zu löschen und neue zu laden. Im islamischen Mittelalter spielte Siraf nochmals eine wichtige Rolle als Umschlagsplatz für Erzeugnisse aus aller Herren Länder. Zu jener Zeit taucht auch Sindbad auf, der verehrte und bewunderte Seefahrer aus unserer Kinderzeit. Sollten wir uns entschliessen, ihn als historische Persönlichkeit zu betrachten, dann müssten wir auch Siraf als seinen Heimathafen akzeptieren. Seine mächtige Gestalt gehörte zum gewohnten Bild im Siraf jener Tage mit seinem Menschgewühl aus Persern und Belutschen, Indern und Arabern, waghalsigen Europäern und meist nicht ganz freiwillig zugereisten Negern. Hier rekrutierte sich Sindbad seine Mannschaft, mit der er dann den Persischen Golf unsicher machte. Bestimmt werden die Archäologen, die sich mit der Erforschung Sirafs beschäftigen und dabei Jahr für Jahr neue Kostbarkeiten zu Tage fördern , auch eines Tages Sindbads Geburtshaus finden. Die drei Weisen aus dem Morgenlande, der Heilige Thaddäus und der Heilige Bartholomäus, der Kalif Harun al Raschid, Sindbad der Seefahrer - sie sind allen Europäern vertraute und bekannte Gestalten. Doch eine der schönsten Persönlichkeiten der altpersischen Legende kennen sie kaum: Farhad, der Welt erster Bildhauer und Steinmetz. Sein Herz entflammte in Liebe zur schönen Schirin, die sich recht spröde zeigte und allerhand Bedingungen stellte. So sollte Farhad neben anderem auch einen Fels zerteilen. Farhad bearbeitete den toten Stein und erweckte ihn zum Leben, in dem er ihm Form gab. Wo seine aus dem Fels geschlagenen Werke liegen, wissen wir nicht. Iranische Bildhauer aber wollen sie gesichtet haben, in der Nähe von Kermanschah, bei Bisotun. Entfernt man sich etwas von der Strasse und schaut hinauf zu den mächtigen Felsbrocken, dann meint man fast, die Umrisse von Farhads Werken zu sehen. Die Wissenschaft weist allerdings darauf hin, dass hier Koenig Khosro Parwiz bauen liess, das meiste aber unvollendet blieb. Und wenn wir noch tiefer in die altiranische Geschichte eindringen wollen, kommen wir an eine Figur, die so alt ist, wie die Menschheit wohl selbst: Rostam. Der sagenhafte, mit Herkules vergleichbare Held gehört zu den Schlüsselfiguren des Buches der Könige. Im fernen Sistan, in Zabol, nahe der afghanischen Grenze, lebte der persische Nationalheld, und wie alle großen Helden der WeItgeschichte ist auch er eine tragische Gestalt. Unwissend töte er bekanntlich seinen eigenen Sohn, dessen Identität erst im Sterben enthüllt wird. Das weite, heute fast trostlose Land um Zabol bietet noch Zeugnisse aus uralter Zelt. Vieles ist noch unerforscht und wo einstmals die Königs-Dynastie Safari geboren wurde, liegen heute nur Ruinen. Rostams irdische Wege sind nicht mehr nachweisbar, aber sein Mythos bleibt bestehen wie der von Gilgamesch. In der kahlen Landschaft von Sistan, nahe der "Verbrannten Stadt", weht immer noch ein Hauch von Legende und Wirklichkeit und die Geschichten, die man sich nachts in den einfachen Häusern von Rostam erzählt, sind heute noch genauso lebendig und aufregend wie zu Ferdusis Zeiten, als der geniale Held seinen kongenialen Dichter fand. Artikel aus "Die Post" Teheran ca 1975 

 

 

Gedicht von Hafiz

Jetzt, da die Rose aus dem Nichts
ins Dasein tritt, zum Schmuck der Auen,
In Demut kaum das Veilchen wagt
zur Herrlichen emporzuschauen -
 


Sollst Du am Morgenwein Dich freun
bei Paukenschall und Harfenklange,
Bei Flötenhauch und Feuerkuss
an junger Schönheit Dich erbauen.

Geniess des Lebens Rosenzeit
bei Spiel und Sang, im Glück der Liebe
Nicht über eine Woche Frist
kannst Du der Herrlichen vertrauen!

Von Blumen glänzt die Erde nun,
gleichwie der Himmel glänzt von Sternen,
Drum kann ich gute Zeiten nur
auf Erden wie am Himmel schauen.

Lasst uns im Land den Feuerdienst
erneu'n des alten Zoroaster,
jetzt, da das Feuer Nimrods selbst
aus Tulpen schlägt in allen Gauen.

Trink Wein, kredenzt von schöner Hand,
der neu belebt wie Jesu Odem,
Denk nicht an Ad und an Thamud,
die Gott verstiess in ewiges Grauen.

Durch Lilienglanz und Rosenglut
ward nun die Welt zum Paradiese,
Doch über solcher Herrlichkeit
nie lange will der Himmel blauen.

Die Rose reitet auf dem Wind
wie weiland Salomo, der König,
Und - gleichwie David - Psalmen singt
die Nachtigall, voll Gottvertrauen.

Leer den Pokal auf Mahmuds Wohl,
des wahren Glaubens starke Säule,
Den neuen Assaf Salomos -
nie zucke Gram um seine Brauen.

Nichts, Hafis, mangelt deinem Glück
in seiner Gnade Schirm und Schatten,
Drum bitte Gott, du mögest nie
ein Ende seiner Herrschaft schauen.

Bringt Wein her! Hafis, hoff auf Den,
der stets Erbarmen dir erwiesen,
Und voll Erbarmen immerdar
wird Segen auf dich niederschauen.

(Übersetzung: Friedrich Bodenstedt)